Nellys Puppen Theater
beim
2. Internationalen Puppentheater-Festival in Samara.


Norbert Bögle Erstaunt rieben sich Kinder und Erwachsene die Augen, als sie an der Promenade der Wolga spazieren gingen. Begleitet von einem Fernsehteam tummelte sich der „Regenbogenfisch” am Strand des größten europäischen Flusses. Seine Schuppen glänzten in allen Regenbogenfarben und spiegelten sich im Wasser. Die Wolga war beeindruckend schön, endlos groß und majestätisch.
– Darf ich den Fisch streicheln? fragte ein kleines Mädchen. Ja, es durfte ihn streicheln. Plötzlich standen noch mehr Kinder da.
– Ißt er auch Gras? Hm, wir konnten nicht behaupten, daß unser Fisch hungert, aber er hätte nichts gegen frisches Gras.
– Ist er lebendig? eine sehr schwere Frage für Puppenspieler. Unser Fisch ist eine Marionette und seine Hauptbeschäftigung ist das Theaterspielen für Kinder. Schließlich laden wir die Kinder zu unserer Vorstellung ein in das „Puppentheater der Stadt Samara” zum 2. Internationalen Puppentheater-Festival.
Samara veranstaltet seit zwei Jahren ein ganz besonderes Festival, an dem nehmen nur die Puppentheater der Partnerstädte teil. Außer uns waren dort noch Puppenspieler aus der Ukraine und Weißrußland. Auch Festivalbeobachter aus anderen Regionen des riesigen Landes waren dabei.
Ob die Kinder die Handlung verstehen werden? wie würden sie reagieren? Hoffentlich erschrecken sie nicht vor dem Oktopus. Was tun wir mit der Sprache? Tausende Fragen kreisten im Kopf. Nach dem langen Weg nach Samara wollten wir eine erfolgreiche Vorstellung haben. Unsere Aufführung „Der Regenbogenfisch” ist für die jüngsten Zuschauer gedacht. Gezielt werden die Kleinen in die Geschichte einbezogen. Die Sprache ist dabei sehr wichtig. Wir entscheiden, die Original-Vorstellung zu geben, wie in Stuttgart. Also teilen wir uns: Norbert spielt und spricht in deutscher Sprache und ich versuche synchron künstlerisch zu übersetzen.
Norbert Bögle und Nelly Eichhorn Zur Begrüßung lernen wir mit den Kindern etwas deutsch: „Guten Tag”, „eins, zwei, drei” und ganz schwierig „Regenbogenfisch” auszusprechen. Dann tun wir unser Bestes.
Schluß. Finale. Stürmischer Applaus. Der Erfolg war grandios. Nicht nur die Kinder, auch das sonst sehr zurückhaltende erwachsene Theaterpublikum machte mit sichtbarem Spaß und Begeisterung mit. Am nächsten Tagen begrüßten uns die Leute in der Stadt in deutscher Sprache und besonders stolz sprachen sie das Wort „Regenbogenfisch” aus. Ich hatte das Gefühl, daß dieses Wort für die Slawen ziemlich schwierig zu lernen sein muß und sie freuten sich, es geschafft zu haben.
Das Fernsehen berichtete täglich über das Festival und auch das Fernsehteam war vom „Regenbogenfisch” begeistert. Wir bekamen volle 20 Minuten Sendezeit. Der Regenbogenfisch wurde zum Star! Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, daß Samara an der Wolga liegt und ein Fisch dort immer willkommen ist.
Die Gastgeber zeigten uns die Sehenswürdigkeiten, Die Kunstgalerie, in der die Bilder von Kindern und Jugendlichen hingen, moderne Neubauten, den Hafen... Samara ist eine Stadt der Gegensätze. Häßliche Plattenbauten wechseln mit schnuckligen alten Holzhäuschen, uralte Straßenbahnen und Busse mit (wenigen) modernen Verkehrsmitteln. Autos fahren in Schlangenlinie, nicht, weil die Fahrer zuviel Wodka getrunken hätten ( 80% der Wodkaproduktion stammt aus Samara ), sondern um den Schlaglöchern auszuweichen. Dann natürlich Prunkbauten wie die Oper, orthodoxe Kirchen oder der neue Bahnhof, von dessen Turm man einen prächtigen Blick auf die Stadt und die beiden Flüsse Samara und Wolga hat, an deren breiten Sandstrand die Menschen den Alltag vergessen. Die Stadt ist aufgewacht aus ihrem tiefen sozialistischen Schlaf: Aus anderen Gegenden kommen die Leute nach Samara um dort Arbeit zu finden. Fast 41 Nationalitäten leben zusammen und bauen an der Zukunft der Stadt. Und wir freuen uns sehr, daß unsere Städte Partner sind.

Samara 2004

Unsere Bekanntschaft mit dem Samaraer Puppen Theater wird seine Fortsetzung finden. Diesesmal haben wir sie nach Deutschland eingeladen. Nun fragen die Samaraer Freunde besorgt, ob die Wolga dem Neckar wohl gefallen würde?

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